Das Leben der Anna Hofer

Meighörner, Jeannine, 2009
Öffentliche Bücherei Mühlau
Verfügbar Ja (1) Titel ist in dieser Bibliothek verfügbar
Exemplare gesamt 1
Exemplare verliehen 0
Reservierungen Nicht reservierbar
Medienart Buch
ISBN 978-3-7066-2439-8
Verfasser Meighörner, Jeannine Wikipedia
Systematik BI - Biographien
Verlag Löwenzahn
Ort Innsbruck - Bozen
Jahr 2009
Umfang 200 S.
Altersbeschränkung keine
Sprache deutsch
Verfasserangabe Jeannine Meighörner
Annotation Heimatkunde, weither aus fernsten Fernen "Ein starkmütiges Weib, wer findet es? Ihr Wert ist Dingen gleich, die weither aus fernsten Fernen stammen.", fantasierte Bruder Willram eher schwachsinnig auf einem Grabstein, welchen das Land Tirol "der Sandwirtin Anna Ladurner, Andreas Hofers Weib" zur Jahrhundertfeier des Freiheitskampfes 1909 spendierte. Der Brunecker Priester und Verseschmied Anton Müller, der sich so nannte, steht zu seiner Zeit auf der rechten Seite, allwo wir auch den Bergpfarrer Sebastian Rieger finden, der unter dem Decknamen Reimmichl schrieb. Jeannine Meighörner, die zum Gedenkjahr 2009 eine romaneske Biographie der Anna Ladurner für gebildete Stände verfasst hat, nahm sich dazu vom einen den Titel, vom andern die Manier, die bäuerliche Tiroler Empfindungswelt auszustaffieren und zu schildern. "Starkmut. Das Leben der Anna Hofer" ist ein Roman als eine Art trivialliterarisches "gender mainstreaming": Was für Andreas Hofer als Romanstoff recht war, soll für Anna nun billig sein. Viel weiß man nicht von der Hoferin, wie man ja auch nicht eigentlich viel vom Hofer weiß. Daher die bildungsbürgerliche Fiktion, die Anna Ladurner in chronologischer Ordnung auf Goethe treffen lässt (1786), mit Bettine von Brentanos Tirol-Extasen parallel führt (1809/10), den Hamburger Nazarener-Maler Friedrich Wasmut oder den deutschen Publizisten August Lewald zu ihr auf den Sandhof führt (1830). Der dramaturgische Dreh- und Angelpunkt des Romans ist, dass die 45-jährige Ehefrau und Mutter nach Erschießung ihres Mannes nicht bereit ist, "sich länger demütig in ihr Schicksal zu fügen". Sie fährt nach Wien und bietet dem Kaiser die Stirn. "Aus der Dulderin war eine Jägerin geworden." Dieser gewendete Mythos gibt Anlass, Südtiroler Land und Leute durchaus kundig, ausgiebig, aber wohl auch etwas penetrant zu betrachten. Folkloristisch findet sich aufgefädelt, was sie an Perlen zu bieten haben, bevor all dies vor die Kriegssäue geworfen wird: pralle Fluren, selige Bauernschaft, alte Kultur. Insgesamt ein Stoff und eine Fasson, wie sie Reimmichls Volkskalender auch im 3. Jahrtausend noch gern hat. Mich persönlich hat interessiert, ob nun Holzfässer zu Lagerung und Transport von Wein tatsächlich rätischem, und damit "Südtiroler Ideenreichtum" entsprangen, wie hier behauptet wird. Die Räter, das muss man wissen, waren Vorfahren der Ladurner und hatten diese Fässer den Amphoren- bzw. Ziegenschlauch-Römern voraus, was wiederum die Ladurner im Nachhinein irgendwie besonders macht. Tatsache ist, dass Holzfässer nichts genuin Rätisches sind, es hat sie auch in Britannien, Gallien und Germanien, in Pannonien und Noricum gegeben. Vielleicht sind sie doch viel eher ein Beleg dafür, dass das Tiroler Bergvolk nicht wesentlich anders als andere Völker war/ist? Weder stumpfsinniger (Hebel/Heine), noch weiß Gott wie gewitzter (Wordsworth/Eichendorff). Geschweige mutiger, eher - mit Bezug auf Hofers Zeit - politisch naiv. Aber natürlich: Mit solchen Einsichten kann man zum Jubiläum nicht hausieren gehen. Im Zusammenhang mit 1809 muss alles irgendwie großartig und bedeutsam sein. Dies gilt es nachkommenden Generationen zu vermitteln. Für Sonja Ortner & Verena Wolf ist es geradezu eine Mission, das Tiroler Kleine Volk ab 9 Jahren zur Legende vom Heiligen Ander zu bekehren. Beim Versuchskind und Ich-Erzähler (Ich-Erzählerin?) funktioniert das auch. Es hat zwei prägende Erlebnisse in der Innsbrucker Hofkirche. Zunächst wird anlässlich eines Schulausflugs die Neugier an Andreas Hofer geweckt: "Was hatte er Bedeutsames vollbracht, dass eine Statue von ihm in der Hofkirche stand?" Im Anschluss daran wird die Neugier gestillt. Das Kind darf Geschichte und Vorgeschichte von "anno 09" in sieben Träumen erleben. Das macht ein Zauberstein möglich, den es von einem Waldrappen am Innufer erhält. Nach einer Woche ist Schluss. Das Kind weiß jetzt alles: "Mir wurde klar, wie außergewöhnlich diese Begegnung mit einem so großartigen Menschen gewesen war. Es war mir ein Bedürfnis, heute zu seinem Grabmal zu gehen und dort eine Kerze anzuzünden. Langsam und ehrfürchtig öffnete ich das große Kirchentor. Ein warmer Lichtstrahl fiel auf die weiße Marmorstatue an der linken Wand. Behutsam stellte ich die Kerze auf den Boden vor dem Grabmal. Fest umschlossen in meiner Hand hielt ich den Stein, dem ich alles Erlebte zu verdanken hatte. Plötzlich setzte die Orgel ein, und eine feierliche Stimmung erfüllte den Raum. Ich blieb stehen, bis das Stück verklungen war und verließ andächtig die Kirche." Ob Neunjährige von heute - selbst wenn sie Zaubersteine unter ihren Schlafpolster legen - das Grabmal des Helden in der Hofburg aufsuchen? Ob Verklärung der Vergangenheit wirklich der beste Weg für die Zukunft ist? Die offizielle Landespädagogik zumindest legt das nahe. Inoffiziell geht's auch anders. Jochen Gassers und Norbert Parschalks "Andreas Hofer. Eine illustrierte Geschichte" schlägt eine ganz andere Richtung ein. Auch hier spielt das Weinfass eine Rolle, es geht allerdings nicht darum, dass es die klugen Vor-Südtiroler erfunden (oder so) hätten. Nein, Andreas Hofer zieht es gleich zu Beginn auf Seite 5 hinter sich her und tauscht es auf den letzten beiden Seiten im Himmel gegen - ja, gegen "es Biachl von Jochen und Norbert" ein. Man spürt, dass einen hier ein Hauch Selbstironie anweht, und das tut der Sache ungemein gut! Parschalks Texte sind nüchtern und als historische Grundlage gut zu gebrauchen; Gassers Cartoons wiederum sind zeichnerisch genial und mehrsprachig: "Sö eine Säuerei!" (ein Sachse in der Klemme), "Du, Håns, wo isch der Schatle?" (Hofer, im Stich gelassen), "Bin jå net bleed!!! Nix wie haam!" (Chastelet abziehend), "Gemma weida, oba leise." (Stille Flucht der Bayern), "Andrea, che bel nome!" (Hofers Italienisch-Lehrerin), "Fusillez-le!" (Das Todesurteil), "Des gibt's ja neeet … a Tiroler im Theater!" (Hofer auf Geheimmission nach Wien) usw. Das ist alles herrlich unpathetisch und sehr schön gemacht! Etwas Besseres kann dem Hofer-Mythos gar nicht passieren! Fürs Jubiläumsjahr zumindest, so scheint mir, bleibt dies das ultimative Hofer-Buch, ein Buch für jedes Alter, ein Buch für alle Stände, ein Buch für alle Nationen! *Brenner Archiv / Literaturhaus am Inn* Bernhard Sandbichler

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Heimatkunde, weither aus fernsten Fernen "Ein starkmütiges Weib, wer findet es? Ihr Wert ist Dingen gleich, die weither aus fernsten Fernen stammen.", fantasierte Bruder Willram eher schwachsinnig auf einem Grabstein, welchen das Land Tirol "der Sandwirtin Anna Ladurner, Andreas Hofers Weib" zur Jahrhundertfeier des Freiheitskampfes 1909 spendierte. Der Brunecker Priester und Verseschmied Anton Müller, der sich so nannte, steht zu seiner Zeit auf der rechten Seite, allwo wir auch den Bergpfarrer Sebastian Rieger finden, der unter dem Decknamen Reimmichl schrieb. Jeannine Meighörner, die zum Gedenkjahr 2009 eine romaneske Biographie der Anna Ladurner für gebildete Stände verfasst hat, nahm sich dazu vom einen den Titel, vom andern die Manier, die bäuerliche Tiroler Empfindungswelt auszustaffieren und zu schildern. "Starkmut. Das Leben der Anna Hofer" ist ein Roman als eine Art trivialliterarisches "gender mainstreaming": Was für Andreas Hofer als Romanstoff recht war, soll für Anna nun billig sein. Viel weiß man nicht von der Hoferin, wie man ja auch nicht eigentlich viel vom Hofer weiß. Daher die bildungsbürgerliche Fiktion, die Anna Ladurner in chronologischer Ordnung auf Goethe treffen lässt (1786), mit Bettine von Brentanos Tirol-Extasen parallel führt (1809/10), den Hamburger Nazarener-Mal 17b5 er Friedrich Wasmut oder den deutschen Publizisten August Lewald zu ihr auf den Sandhof führt (1830). Der dramaturgische Dreh- und Angelpunkt des Romans ist, dass die 45-jährige Ehefrau und Mutter nach Erschießung ihres Mannes nicht bereit ist, "sich länger demütig in ihr Schicksal zu fügen". Sie fährt nach Wien und bietet dem Kaiser die Stirn. "Aus der Dulderin war eine Jägerin geworden." Dieser gewendete Mythos gibt Anlass, Südtiroler Land und Leute durchaus kundig, ausgiebig, aber wohl auch etwas penetrant zu betrachten. Folkloristisch findet sich aufgefädelt, was sie an Perlen zu bieten haben, bevor all dies vor die Kriegssäue geworfen wird: pralle Fluren, selige Bauernschaft, alte Kultur. Insgesamt ein Stoff und eine Fasson, wie sie Reimmichls Volkskalender auch im 3. Jahrtausend noch gern hat. Mich persönlich hat interessiert, ob nun Holzfässer zu Lagerung und Transport von Wein tatsächlich rätischem, und damit "Südtiroler Ideenreichtum" entsprangen, wie hier behauptet wird. Die Räter, das muss man wissen, waren Vorfahren der Ladurner und hatten diese Fässer den Amphoren- bzw. Ziegenschlauch-Römern voraus, was wiederum die Ladurner im Nachhinein irgendwie besonders macht. Tatsache ist, dass Holzfässer nichts genuin Rätisches sind, es hat sie auch in Britannien, Gallien und Germanien, in Pannonien und Noricum gegeben. Vielleicht sind sie doch viel eher ein Beleg dafür, dass das Tiroler Bergvolk nicht wesentlich anders als andere Völker war/ist? Weder stumpfsinniger (Hebel/Heine), noch weiß Gott wie gewitzter (Wordsworth/Eichendorff). Geschweige mutiger, eher - mit Bezug auf Hofers Zeit - politisch naiv. Aber natürlich: Mit solchen Einsichten kann man zum Jubiläum nicht hausieren gehen. Im Zusammenhang mit 1809 muss alles irgendwie großartig und bedeutsam sein. Dies gilt es nachkommenden Generationen zu vermitteln. Für Sonja Ortner & Verena Wolf ist es geradezu eine Mission, das Tiroler Kleine Volk ab 9 Jahren zur Legende vom Heiligen Ander zu bekehren. Beim Versuchskind und Ich-Erzähler (Ich-Erzählerin?) funktioniert das auch. Es hat zwei prägende Erlebnisse in der Innsbrucker Hofkirche. Zunächst wird anlässlich eines Schulausflugs die Neugier an Andreas Hofer geweckt: "Was hatte er Bedeutsames vollbracht, dass eine Statue von ihm in der Hofkirche stand?" Im Anschluss daran wird die Neugier gestillt. Das Kind darf Geschichte und Vorgeschichte von "anno 09" in sieben Träumen erleben. Das macht ein Zauberstein möglich, den es von einem Waldrappen am Innufer erhält. Nach einer Woche ist Schluss. Das Kind weiß jetzt alles: "Mir wurde klar, wie außergewöhnlich diese Begegnung mit einem so großartigen Menschen gewesen war. Es war mir ein Bedürfnis, heute zu seinem Grabmal zu gehen und dort eine Kerze anzuzünden. Langsam und ehrfürchtig öffnete ich das große Kirchentor. Ein warmer Lichtstrahl fiel auf die weiße Marmorstatue an der linken Wand. Behutsam stellte ich die Kerze auf den Boden vor dem Grabmal. Fest umschlossen in meiner Hand hielt ich den Stein, dem ich alles Erlebte zu verdanken hatte. Plötzlich setzte die Orgel ein, und eine feierliche Stimmung erfüllte den Raum. Ich blieb stehen, bis das Stück verklungen war und verließ andächtig die Kirche." Ob Neunjährige von heute - selbst wenn sie Zaubersteine unter ihren Schlafpolster legen - das Grabmal des Helden in der Hofburg aufsuchen? Ob Verklärung der Vergangenheit wirklich der beste Weg für die Zukunft ist? Die offizielle Landespädagogik zumindest legt das nahe. Inoffiziell geht's auch anders. Jochen Gassers und Norbert Parschalks "Andreas Hofer. Eine illustrierte Geschichte" schlägt eine ganz andere Richtung ein. Auch hier spielt das Weinfass eine Rolle, es geht allerdings nicht darum, dass es die klugen Vor-Südtiroler erfunden (oder so) hätten. Nein, Andreas Hofer zieht es gleich zu Beginn auf Seite 5 hinter sich her und tauscht es auf den letzten beiden Seiten im Himmel gegen - ja, gegen "es Biachl von Jochen und Norbert" ein. Man spürt, dass einen hier ein Hauch Selbstironie anweht, und das tut der Sache ungemein gut! Parschalks Texte sind nüchtern und als historische Grundlage gut zu gebrauchen; Gassers Cartoons wiederum sind zeichnerisch genial und mehrsprachig: "Sö eine Säuerei!" (ein Sachse in der Klemme), "Du, Håns, wo isch der Schatle?" (Hofer, im Stich gelassen), "Bin jå net bleed!!! Nix wie haam!" (Chastelet abziehend), "Gemma weida, oba leise." (Stille Flucht der Bayern), "Andrea, che bel nome!" (Hofers Italienisch-Lehrerin), "Fusillez-le!" (Das Todesurteil), "Des gibt's ja neeet

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